Hintergrund

Projekthintergrund

 

Hinter dem Einsatz effizienter Techniken und Praktiken in Arbeitswelt und Privatleben steht meistens die Erwartung, Zeit einzusparen. Trotzdem bleibt oft das Gefühl, immer weniger Zeit zur Verfügung zu haben. Ein Grund ist, dass mehr Tätigkeiten in immer kürzerer Zeit und schneller wechselnder Abfolge erledigt werden. Der Einsatz „zeitsparender“ Techniken und Praktiken hat also oft die paradoxe Wirkung, Zeitnot zu erhöhen. Ein solcher Zeit-Rebound-Effekt kann sich wiederum negativ auf die Umwelt auswirken: Ist die Zeit knapp, werden schnelle, aber ressourcenintensive Konsumangebote wie Fast Food und Inlandsflüge attraktiver. Zusätzlich belohnen sich viele Menschen mit dem Kauf von Konsumgütern, um einen Ausgleich zum dichten und belastenden Alltag zu finden. Für die eigentliche Nutzung dieser Dinge fehlt dann wiederum oft die Zeit. Die ungelesenen Bücher oder ungenutzten Fitnessgeräte können die erlebte Zeitnot sogar noch weiter erhöhen, indem sie uns als ungenutzte Möglichkeiten latent unter Druck setzen. Um sich diese Güter leisten zu können, ist ein gewisses Ausmaß an Erwerbsarbeit notwendig: eine Beschleunigungsspirale wird in Gang gesetzt. Allerdings können negative Umwelteffekte auch als Folge von zusätzlicher freier Zeit auftreten, z.B. wenn Arbeitszeitverkürzungen für ressourcenintensive Hobbies wie das Reisen genutzt werden. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welche Rahmenbedingungen und Kompetenzen notwendig sind, damit sich Zeitwohlstand in nachhaltige Lebensweisen übersetzt.

Projektziele

Im ReZeitKon-Projekt soll die Bedeutung von Zeit-Rebound-Effekten infolge zeitsparender Techniken und Praktiken empirisch untersucht werden. Dafür entwickeln wir zunächst Methoden, um Aspekte wie Zeitnot und Zeitwohlstand empirisch messen zu können. Aus den Ergebnissen leiten wir ein Simulationsmodell ab, das es erlaubt, die Umweltwirkungen des Konsums jeweils unter den Bedingungen von Zeitnot und Zeitwohlstand zu quantifizieren.

In drei Interventionsbereichen erarbeiten wir gemeinsam mit unseren Praxispartnern Maßnahmen, die Zeit-Rebound-Effekten entgegenwirken und so Zeitwohlstand sowie Umweltentlastung fördern sollen.

Mit Schulen entwickeln wir ein Bildungsangebot zu Zeitnutzungskompetenz, das Fähigkeiten zu nachhaltigem Konsum stärken soll. Gemeinsam mit Unternehmen entwickeln und evaluieren wir zeitpolitische Innovationen, die darauf abzielen, den Zeitwohlstand der Mitarbeitenden zu erhöhen.

Im Bereich Privatleben evaluieren wir Kurse der Erwachsenenbildung mit Zeitbezug. Schließlich sollen Ratgeber zu Zeit und Nachhaltigkeit entstehen, die auf Basis unserer Ergebnisse Möglichkeiten zur Stärkung der eigenen Zeitkompetenz im Privatleben und zu betrieblicher Zeitpolitik aufzeigen.

Methode

Der Zusammenhang zwischen den zentralen Konstrukten Zeit-Rebound-Effekt, Zeitwohlstand und Nachhaltigkeit des Konsums wird im Projekt mit Hilfe einer ersten umfassenden deutschlandweiten Repräsentativerhebung zum Thema empirisch überprüft. Zusammen mit innovativen Praxispartnern werden im Projekt partizipativ Maßnahmen entwickelt, die zu einer Stärkung des Zeitwohlstands und einer Reduktion von Zeit-Rebound-Effekten beitragen. Die Maßnahmen sollen sowohl bei der objektiven Zeitverwendung als auch bei der subjektiven Zeitwahrnehmung ansetzen. Dabei setzen wir die im Kontext der Repräsentativbefragung entwickelten Messinstrumente in allen drei Interventionsbereichen zur Untersuchung von Determinanten und Effekten von Zeitwohlstand ein. Im Sinne eines Mixed-Method-Ansatzes wird diese quantitative Evaluation in den Fallstudien mit Praxispartnern um qualitative Befragungen ergänzt, die ein vertieftes Verständnis der identifizierten Zusammenhänge erlauben.

Zeitplan und Finanzierung

Das Projekt läuft vom 01.09.2018 bis zum 31.12.2021. Es wird im Rahmen der Sozial-ökologischen Forschung (SÖF) des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Programm „Rebound-Effekte aus sozial-ökologischer Perspektive“ gefördert.

Gefördert durch: